Von warmen Füßen und Traubengold: Weinlese 2022
Die Investition in wasserdichtes Profi-Schuhwerk hat sich gelohnt. Von den frühen Morgenstunden an - bei 8 Grad Außentemperatur- bis zu den ersten Sonnenstrahlen am Nachmittag: warme Füße. Eine ganz neue Erfahrung nach meiner ersten Weinlese im Jahr 2021 im St. Maximiner Kreuzberg in Trier damals noch mit Turnschuhen. War ich in diesem Jahr tatsächlich gut aufgestellt?
Um es vorweg zu nehmen: Ja, in 2022 hat vom ersten Rebschnitt im Januar, bis zur Lese im September, vieles geklappt, zum Wohl unserer Trauben, übrigens unabhängig vom eingesetzten Schuhwerk. Noch nie war die Versuchung so groß, bereits während der Lese in der Steillage mal kräftig in die goldgelben Trauben zu beißen. Und wie geil schmeckt das! Habt Ihr das auch schon mal gemacht? Direkt vom Rebstock herunter geschnitten, eine gute Handvoll - im Sonnenlicht blitzende Trauben - einfach mal zubeißen? Ohh, wie lecker fruchtig und süß mir der Traubensaft auf der Zunge schmeckt. Jetzt nur konzentriert weitermachen und die Brille (mittlerweile leicht vom Zucker verklebt) nochmals auf der Nase richten, denn die Trauben gehören in die roten Bütten. Später in der Kelter gibt es dann das erste Ergebnis in Oechsle und Weinsäure zur Arbeit im Weinberg.
Im zweiten Jahr: neue Wege gehen
Ein Jahr in der Steillage liegt hinter unserem Zweierteam (= Joachim Molz / Thomas Vatheuer), der Tag der Entscheidung vor uns. Was hat die Premiere mit dem sanften Rebschnitt gebracht? Sind die Leitungsbahnen im Inneren des Holzes heil geblieben? Immerhin haben wir uns vorher durch das Fachbuch von Marco Simonit und durch einen praktischen Kurs in Luxemburg das nötige Wissen für die Simonit & Sirch-Methode angeeignet. Aber sind wir auch tatsächlich dem „Saftfluß“ im Inneren der Rebe durch die entsprechende Links-Rechts-Verteilung jeweils einer Fruchtrute gefolgt? Wurde das Respektholz richtig ausgewählt? Und dann die zweite Premiere: hat der erstmalige Einsatz einer Flug-Drohne zum Pflanzenschutz mit unserem Partner von Plantivo direkt im Frühjahr gepasst? Die vielen Gießkannen aus unserem Teich im Sommer den jungen Reben geholfen? War das Entblättern der Traubenzone bei den heftigen Niederschlägen Anfang September richtig? Und zum Schluss: Bekommen wir jetzt bei der Lese noch die richtige Dosis Sonnenschein ab? Nervenkitzel pur! Morgens, mittags und abends ein Blick in die Wetter-App. Noch vor zwei Wochen, ohne vielversprechende gute Aussichten, außer Regenschauer! Jetzt nach Frühnebel kommen die wärmenden Sonnenstrahlen und lösen die Wolkendecke langsam auf.
Lesetag – jetzt wird’s ernst für das Team!
Dann kommt der Tag der Entscheidung und die Antwort auf die vielen Fragen: Donnerstag, der 29. September, 08:00 Uhr, Starttermin für unsere Lese im St. Maximiner Kreuzberg direkt am Kloster Bethanien. Diesmal nicht mit Halbschuhen sondern mit professionellen Weinbergs-Arbeitsschuhen zu 100 % wasserdicht. Hier die noch ausstehende Antwort: Ja, wir haben im wahrsten Sinne des Wortes jede Menge „Traubengold“ von den Rebstöcken geerntet. Unsere Trauben haben „Danke“ gesagt für unsere oft schweißtreibende Arbeit im Weinberg. Was sich beim Biss in die Trauben während der Lese bereits andeutet wird im Kelterhaus bestätigt: 83 Grad Oechsle bei 9,5 Promille Säure. Ein tolles Aroma auf der Zunge beim ersten Probeschluck direkt aus der Traubenkelter.
Wir haben fertig! In unserem Weinberg, im zweiten Jahr der Umstellung auf den ökologischen Weinbau, sowie mit Hilfe der Natur und ganz viel Handarbeit haben wir ein wohlschmeckendes Ergebnis erzielt. Was tropft da für ein leckerer Traubenmost aus der Kelter! Am liebsten möchte ich mir eine Flasche davon noch heute unter das Kopfkissen legen oder besser in den Kühlschrank stellen. Aber nun haben die Hefen im Immervolltank aus Edelstahl als fleißige „Helferlein“ während der Spontan-Gärung das Sagen: sie geben den Klang im Gärröhrchen vor. Wir sind uns jetzt schon sicher: Der 2022 wird uns noch sehr viel Freude bereiten. „blubb, blubb, blubb …“